Mit dem Slowboat über den Mekong

Die Slowboat-Tour über den Mekong von dem Grenzort Houayxay im Norden Laos bis Luang Prabang im Landesinneren wurde uns im Voraus mehrfach empfohlen und galt wohl lange als absoluter Geheimtipp und einzigartige Bootsfahrt. Wir hatten jedoch auch gehört, dass sich dies in den letzten Jahren, aufgrund der schnell zunehmenden Anzahl an Touristen in Laos, geändert haben sollte. Im Internet findet man diverse Reiseblogs, die über die Slowboat-Tour berichten, teilweise versprühen diese Euphorie während andere sich eher nach absoluten Horrorgeschichten anhören. Die Erfahrungen scheinen also sehr unterschiedlich zu sein. Am Vorabend der Tour waren die Gefühle entsprechend gemischt: einerseits Erleichterung, dass mit dem Grenzübertritt und Visum alles reibungslos verlaufen ist und andererseits gespannt darauf, was uns in den nächsten beiden Tagen erwarten sollte und welche der vielen möglichen Szenarien sich in unserem Fall bewahrheiten würden.

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Learning: Der Mekong ist mit einer Länge von >4000km der längste Fluss in Südostasien. Von seinem Ursprung im tibetischen Hochland durchfließt er die Länder China, Myanmar, Thailand, Laos und Kambodscha bevor es in Vietnam ins chinesische Meer mündet. Dabei stellt der Fluss an vielen Stellen natürliche Landesgrenze dar, zuerst zwischen Myanmar und Laos und weiter südlich zwischen Laos und Thailand. Das Dreiländereck zwischen Myanmar, Thailand und Laos wird auch als „Goldenes Dreieck“ bezeichnet. An vielen Stellen gleicht der Mekong eher einem braunen, dreckigen Sud anstatt einem schönen blau-grün schimmernden Fluss. Das liegt unteranderem an der große Menge an Sedimenten im Wasser und dem schlammigen Boden bzw. Uferpromenaden.

Houayxay ➡️ Pak Beng (6 Stunden)

Tag 20 – Früh am Morgen hat der Wecker geklingelt. Wir haben unsere Rücksäcke gepackt und uns zu Fuß auf den Weg zum Bootsanleger gemacht. Unterwegs haben wir uns bei einem Restaurant noch mit Frühstück und Verpflegung für den Tag ausgestattet. Auf Empfehlung der verschiedenen Reiseblogs wollten wir unbedingt frühzeitig dort sein, um uns gute Plätze zu sichern. Die Tickets für das Boot haben wir bereits am Vortag gekauft. Das sollte sich als absoluter Glücksgriff erwiesen haben. Auf den Tickets standen nämlich Sitzplatznummern, welche dann auch tatsächlich auf den provisorisch aufgebauten Autositzen auf dem Boot wieder zu finden waren. In den Reiseblogs im Internet haben wir zuvor häufig gelesen, dass dies nicht immer der Fall gewesen sei und die Plätze weiter hinten deutlich enger sein sollen sowie die Geräusche des Motors unerträglich laut. Unsere Plätze haben sich in der ersten Reihe auf dem unteren Deck befunden, sodass wir verhältnismäßig viel Beinfreiheit und Platz für unsere Handgepäck hatten. Im Laufe der nächsten 8 Stunden sollte sich herausstellen, dass wir ebenfalls Glück mit unseren direkten Sitznachbarn und Menschen um uns herum hatten, und uns mit viele spannenden Gesprächen die Zeit vertreiben konnten.

Laut Tickets und Anzeigetafel sollte das Boot um 09 Uhr starten. Um 10:30 Uhr kamen jedoch immer noch weitere Menschen, mit einem gültigem Ticket, die verzweifelt nach einem Sitzplatz suchten. Wie viele Menschen passen denn wohl auf so ein Slowboat? Gezählt haben wir natürlich nicht, aber vermutlich wurden am Ende ca. 150 Menschen auf dem Boot untergebracht. Dennoch standen immer noch weitere Personen am Bootsanleger. Nach langer Diskussion und mehrfacher Prüfung der Bootscrew, ob es nicht doch noch freie Sitzplätze gibt, wurde schließlich ein zweites Boot geöffnet und die wartende Menschenmasse dort ausgelagert. Um 11 Uhr konnte es dann also endlich losgehen.

Nach einem langen Tag sind wir schließlich pünktlich mit der untergehenden Sonne in Pak Beng angekommen. Am Bootsanleger stand eine Vielzahl an Pickups bereit, um die Touristen einzusammeln und zu den Unterkünften zu bringen. Gut, dass wir bereits am Vortag eine Unterkunft gebucht hatten. Ansonsten wäre es vielleicht schwierig oder sehr teuer geworden. Anscheinend waren an diesem Abend aufgrund der hohen Anzahl an Reisenden (in beide Richtungen) nahezu alle Unterkünfte in diesem kleinen Ort ausgebucht. Eine Nacht im Luxus-Resort wäre bestimmt auch nett gewesen, aber 130€ für eine Nacht ist dann doch einfach wirklich sehr teuer. Zusammen mit einigen anderen Reisenden haben wir uns also zwischen unseren Rücksäcken und Gepäck auf die Ladefläche des Pickups gequetscht und wurden zu unserer Unterkunft gefahren. Dort angekommen hat die Gastgeberin die Zimmerschlüssel wahllos in Reihenfolge der Ankunft verteilt. Wir standen relativ am Ende der Reihe und haben einen Schlüssel für ein dreckiges Dreibettzimmer erhalten (inkl. Ameisen im Bett), indem Ina wirklich nur im Notfall schlafen wollte. Dann hat uns die Gastgeberin von sich aus angeboten, dass sie noch weitere Zimmer bzw. kleine Bungalows besitzt und wir gerne dorthin wechseln dürften, schließlich hatten wir ein Zimmer mit Doppelbett gebucht. Dieses Angebot haben wir sofort angenommen, ohne zu wissen was auf uns zu kommen sollte und ob sich diese Entscheidung als glückliche Wendung oder absolutes Desaster herausstellen sollte.

Zuvor hat uns die Gastgeberin jedoch noch aufgefordert unsere Zimmer zu bezahlen und wenn gewünscht, Frühstück für den nächsten Tag zu bestellen. Die Diskussion war anfangs groß, denn wir waren überzeugt, dass wir bereits im Voraus via Booking.com gezahlt hatten und gleiches galt auch für einige der anderen Gäste. Nach einigen Minuten im Gespräch und Überprüfung der Bankkonten hat sich herausgestellt, dass die Anzeige in Booking.com falsch ist und wir tatsächlich noch bezahlen mussten. Ein Paar hatte kein Bargeld dabei und Kartenzahlung war nicht möglich. Die Gastgeberin hat sehr verständnisvoll reagiert und gesagt, dass das überhaupt kein Problem sein und den Weg zum Geldautomaten erklärte. Die Beiden könnten gerne später am Abend oder am nächsten Morgen beim Check-out bezahlen. Schließlich teilte die Inhaberin uns dann noch mit, dass wir unser gebuchtes Frühstück am nächsten Tag in einer kleinen Küche an den Bungalows erhalten würden und ihr Mann uns dann direkt zum Bootsanleger fahren würde.

Gemeinsam mit drei weiteren Paaren, die ebenfalls ein Doppelzimmer gebucht hatten, sind wir dann also nochmal auf der Ladefläche des Pickups zusammengerückt und los ging die Fahrt ins Ungewisse. Wir sind ca. 10 Minuten gefahren bis der Pickup schließlich mitten im Nirgendwo abseits von jeglicher Zivilisation angehalten hat. Tatsächlich standen im Halbkreis um uns herum einige Holzbungalows. Der Fahrer (= Ehemann der Gastgeberin) sprach kein Wort Englisch. Dementsprechend hat seine Tochter dann notgedrungen die Kommunikation mit uns Touristen übernommen und die Zimmer zugewiesen. Hier sollte es sich gut und erholsam schlafen lassen. Natürlich immer noch einfacher Standard, aber im Vergleich zu dem vorherigen Zimmer fast schon ein Luxusappartment. Nun stand lediglich noch die Frage im Raum, wo und wie wir hier was zum Abendessen herbekommen sollten? Dieses Problem galt natürlich nicht nur für uns, sondern ebenfalls für die anderen, die mit uns hierher gekarrt wurden. In solchen Situationen wächst man erstaunlicherweise schnell mit wildfremden Menschen zusammen und sucht gemeinsam nach Lösungen. Wir haben also den Fahrer gefragt, ob es möglich wäre uns nochmal ins Dorf (bzw. zu der eigentlichen Unterklunft) zu fahren und später am Abend zu den Bungalows zurück zu bringen. In diesem Fall erfolgte die Kommunikation telefonisch mit seiner Frau. Der Shuttleservice sollte unproblematisch funktionieren, wir mussten uns lediglich mit allen Reisenden absprechen, um wie viel Uhr die Rückfahrt anstehen sollte.

Trotz des anfänglichen Chaos mit dem dreckigen Zimmer, der Bezahlung und skurrilen Fahrt ins Ungewisse zu den abgelegenen Bungalows stellte sich unsere Gastgeberin im Endeffekt also wirklich als sehr hilfsbereit, freundlich und verständnisvoll heraus.

Pak Beng ➡️ Luang Prabang (7 Stunden)

Tag 21 – Um 07 Uhr stand das Frühstück bereit. Eine halbe Stunde später ging es dann auch schon wieder los zum Bootsanleger. Obwohl wir scheinbar wirklich früh unterwegs waren, sollten wir lange nicht die ersten an diesem Morgen sein. Bereits 1,5 Stunden vor offizieller Abfahrtszeit war das Boot schon ziemlich gut gefüllt. An die Sitzplätze vom Vortag hat sich niemand mehr gehalten. Wir haben also so schnell wie möglich unsere großen Reiserucksäcke im Gepäckraum verstauen lassen und uns auf die Suche nach einem halbwegs guten Platz gemacht. Je weiter wir nach hinten durchgingen desto enger wurde es, aber immerhin haben wir zwei Plätze nebeneinander gefunden und vermutlich nicht die Schlechtesten. Zumindest noch nicht ganz am hinteren Ende in unmittelbarer Nähe des Motorenraums. Kurz haben wir überlegt, ob es sinnvoll gewesen wäre so lange am Bootsanleger zu warten, bis das Boot voll ist und wir einen schöneren Platz mit mehr Beinfreiheit auf dem zweiten Boot hätten ergattern können. Nur kurze Zeit später stellte sich heraus, dass wir uns damit nur ins eigene Bein geschossen hätten. Denn als das Boot voll und alle Plätze besetzt waren, begann die Crew von einem zweiten Boot weitere Sitzreihen und Stühle herbeizubringen und zwischen die eh schon engen Reihen zu quetschen. Da die Sitzreihen (alte Auto- oder Bussitze auf Holzgestellen) nicht fest montiert sind, sondern lediglich lose hintereinander stehen und frei beweglich sind, war das zum Bedauern von uns Reisenden „unproblematisch“ möglich. Weiteres Gepäck, welches nicht mehr in den Stauraum unter Deck passte, wurde aufs Dach ausgelagert. Im Endeffekt mussten einige Leute stehen oder mit dem Boden vorlieb nehmen. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass es wohl an diesem Tag nur einen Kapitän gab und dementsprechend kein zweites Boot fahren konnte. Es gab also keine andere Wahl als alle Touristen vom Vortag (ca. 200) nun auf diesem einen Boot unterzubringen.

Einige Einheimische haben das Geschehen gespannt mit ihren kleinen Kindern beobachtet. Wir haben uns gefragt, was die sich wohl denken? Vielleicht ja sowas wie: „Verrückt, wie sich die reichen Touristen in das Boot pferchen lassen“. Tatsächlich gibt es neben den vollgestopften Low-Budget Bootstouren ebenfalls die Möglichkeit dieselbe Tour mit deutlich mehr Luxus und Komfort zu buchen. Für 150 US-Dollar pro Person hätten wir den Weg auch auf einem Boot mit max. 10-20 Personen, inkl. Frühstück und Mittagessen, zurücklegen können. Das war uns einerseits zu teuer und andererseits wollten wir diese Erfahrung unbedingt mitnehmen und uns selbst ein Bild von der inzwischen berühmten und auf seine Weise spektakulären Slowboattour machen.

Genau wie am Vortag war die Fahrt an sich ziemlich unspektakulär. Die Boote liegen tief im Wasser und sind so gebaut, dass man sitzend nicht auf den Fluss schauen kann. Zum Beine vertreten, Fotos machen und Ausblick auf den Mekong erhaschen haben wir uns zwischendurch auf unsere Sitze gekniet oder gestellt bzw. teilweise auf die Reeling gesetzt. Ansonsten haben wir die Zeit genutzt zum Hörbuch hören, Blog schreiben oder schlafen.

Nach einer langen, anstrengenden Fahrt haben wir schließlich im frühen Abend in Luang Prabang angelegt. Da sich der Bootsanleger außerhalb des Stadtzentrums befindet, stand noch eine Etappe mit einem TukTuk-Taxi an. Trotz der Erschöpfung waren wir begeistert und fasziniert von der Bauweise des TukTuks. Im Gegensatz zu den Fahrzeugen in Bangkok und Chiang Mai scheinen die TukTuks in Laos aus alten Teilen von Motorrädern und Traktoren zusammen gezimmert. Genial!

Fazit/Rückblick

Die Slowboat-Tour war in jedem Fall ein Abenteuer und einzigartige Erfahrung, die wir nicht missen wollen würden. Für unsere Reise haben wir uns bewusst vorgenommen, durchaus auch im klassischen Low-Budget Backpacker Lifestyle unterwegs zu sein und ein Land auf diese Weise kennenzulernen. Dabei muss es aber nicht immer die günstigste Option sein. Ein bisschen Komfort ist uns dann doch wichtig, auch um entspannt und mit guter Laune für eine so lange Zeit zu reisen, aber wir wollen auch keinen überschwänglichen Luxus. Wir sind froh, dass wir die Tour gemacht und selbst erlebt haben. Dennoch würden wir die Slowboat-Tour nicht weiterempfehlen und bei einem nächsten Mal tatsächlich die teuere Alternative auf dem Luxus-Boot für 150$ in Betracht ziehen oder eine andere Route wählen.

Rückblickend (nach einigen Wochen in Laos) würden wir die Mekong-Tour immer noch als wertvolle Erfahrung bezeichnen, die unsere Weiterreise und Einstellung zum Transport in Laos geprägt hat. Wir haben viele verschiedene Erfahrungen beim Reisen durch das Land und den verschiedenen Transportmitteln (Boot, Zug, Bus, Mini-Van, Motorrad) gemacht, von komfortabel kann man nicht in jedem Fall sprechen. Entsprechend haben wir das Gefühl, dass es super gut war diese Erfahrung auf der Slowboat direkt zu Beginn und als Start in Laos gemacht zu haben. Denn dadurch war unsere Benchmark entsprechend tief, sodass wir uns in den nächsten Wochen oftmals über den „luxuriösen“ (immer noch rustikalen) Transport gefreut und diesen sehr wertgeschätzt haben. Wenn andere Reisende sich beschwert haben oder das Verhalten der Busfahrer als unmöglich bezeichnet haben und wenig Verständnis für die vollgestopften Busse hatten, aber wir uns gedacht: „Schlimmer geht immer, das ist doch noch total entspannt hier. Die hätten mal das Gedränge auf dem Slowboat sehen müssen.“

Während unserer Zeit in Laos haben wir weitaus schönere Bootsfahrten erlebt, welche sowohl landschaftlich interessanter als auch deutlich authentischer waren im Vergleich zu der touristischen Massenabfertigung auf den großen Slowboats. Wenn man den Mekong oder einen der anderen kleineren Flüsse in Laos (z.B.: Nam Ou im Norden) vom Boot aus bewundern will, gibt es durchaus bessere (und günstigere) Optionen. Entweder als Transportmittel von A nach B, Tagestour oder kleinere Rundfahrt zum Sonnenuntergang (teilweise inkl. Abendessen). Darüber hinaus kann man sich in nahezu allen Städten ein Kayak leihen und entweder an einer geführten Tour teilnehmen oder auf eigene Faust auf dem Fluss umher paddeln.

Möglicherweise ist die Tour in die entgegengesetzte Richtung ein komplett anders und vielleicht lohnenswerteres Erlebnis. Es kam uns zumindest morgens am Bootsanleger in Pak Beng so vor, als würden auf dem Boot in die andere Richtung sprich von Luang Prabang nach Houayxay nur ein Bruchteil so viele Menschen sitzen.

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