Das Zuhause der letzten verbleibenden Irawadi Delfine
Tag 68 bis 74 – Nach den beiden großen und sehr touristischen Städten Siem Reap und Phnom Penh haben wir uns nun auf den Weg in ländlichere Regionen abseits der klassischen Touristenpfade gemacht. Angkor war ein absolutes Highlight und toller Start in Kambodscha. Jedoch hatten wir das Gefühl bisher nahezu nichts vom echten, authentischen Local Life erlebt zu haben und waren den Massentourismus und lauten Trubel satt. Das sollte sich in den nächsten Tagen ändern!
Karte
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Unser Weg hat uns zuerst in das kleine, überschauliche Städtchen Kratie geführt. Ein charmanter Ort mit gänzlich anderem Charakter als die Hauptstadt Phnom Penh. Nach Ankunft in Kratie haben wir im späten Nachmittag einen Spaziergang durch den Ortskern gemacht und durch Zufall den Markt entdeckt, auf dem zu diesem Zeitpunkt reges Treiben herrschte. Wir hatten das Gefühl, dass es für die Einheimischen sehr besonders und alles andere als selbstverständlich war, Besuch von Touristen zu bekommen. Und so wurden wir mit genauso interessierte Blicken beobachtet wie wir uns den Markt und das Miteinander der Einheimischen angeschaut haben. Tatsächlich haben wir auch keine anderen Touristen wahrgenommen, mit Ausnahme von einigen wenigen an der Uferpromenade. Insgesamt haben wir fünf Nächte in Kratie verbracht, wobei zwischendurch für zwei Nächte die Unterkunft gewechselt haben. Details zum Abenteuer „Homestay“ kannst Du in unserem vorherigen Blogbeitrag nachlesen.
Es war ganz wunderbar zu sehen, wie sich die einheimischen Kinder hier (wie in Laos) wahrhaftig über ein Lächeln, Winken oder High Five von uns gefreut haben. Und auch die älteren Menschen sind uns freundlich begegnet. Wir hatten das Gefühl Willkommen zu sein oder zumindest nicht einfach pauschal als reiche, eingebildete Touristen abgestempelt zu werden. Ein kleines Lächeln, freundliches Nicken oder Amüsieren über unser Interesse und gleichzeitig sichtbare Überforderung bzw. Unsicherheit in dem wuseligen Markt-Geschehen machen einen großen Unterschied in der eigenen Wahrnehmung. Nach unseren Erlebnissen und Erfahrungen in Siem Reap und Phnom Penh hatten wir den Eindruck nun das „echte“ Kambodscha kennenzulernen. Diese Begegnungen haben schlagartig die Stimmung geändert und Freude auf die nächsten Wochen und verbleibende Zeit in Kambodscha gemacht!
Abendessen mit Tierschützern aus aller Welt
Im frühen Abend haben wir uns ein schönes Restaurant fürs Abendessen rausgesucht. Zu Beginn waren wir die einzigen Gäste und hatten die kleine Dachterrasse des Restaurants komplett für uns alleine. Nur wenige Minuten später sollte sich das jedoch ändern. Eine Gruppe von 15 Personen betrat das Lokal und in kürzester Zeit wurden alle verbleibenden Tische und Stühle (auch die freien von unserem Tisch) zusammengeschoben, um eine lange Tafel zu bilden. Die Gruppe war bunt durchmischt und schien eine geselligen Truppe zu sein. Im Vorbeigehen haben sich viele der Menschen bei uns entschuldigt, dass sie nun unsere romantische Zweisamkeit kaputt machen würden. Nachdem die Keller:innen die Gruppe mit der ersten Runde Bier versorgt hatten und der Geräuschpegel stieg, dauerte es nicht lange bis wir eingeladen wurden uns dazusetzen und gemeinsam auf ihr erfolgreich abgeschlossene Projekt anzustoßen.
Es stellte sich heraus, dass die Gruppe ein internationales Team von Forschern und Tierschützern ist, die wegen der Flussdelfine in Kratie sind. In Zusammenarbeit mit dem WWF haben sie gerade eine mehrtägige Schwimmtour auf dem Mekong absolviert, die als Spendenaktion für den Schutz der Delfine gedacht war und mehr Aufmerksamkeit für das Thema schaffen soll. (Mehr dazu hier: The Dolphin Swim)
Im Endeffekt haben wir fast drei Stunden mit der Gruppe am Tisch gesessen, gemeinsam gegessen, Bier getrunken und zahlreiche spannende Gespräche über Delfine und die Arbeit bei internationalen Tier- und Naturschutzverbänden geführt.
Eine spontane Begegnung, die zu einem netten Abend mit sehr interessanten Gesprächen führte. Am Ende des Abends wurden uns nicht nur die drei Runden Bier (pro Person) spendiert. Als wir das Restaurant verlassen und unten an der Kasse unser Essen bezahlen wollten wurden uns mitgeteilt, dass unsere Rechnung bereits beglichen worden wäre, wir müssten also nichts mehr bezahlen.
Irawadi-Delfine
Das Highlight von Kratie (und vermutlich der einzige Grund, warum sich viele Touristen überhaupt an diesen Ort verirren) sind die letzten verbliebenen Irawadi-Delfine im nahegelegenen Kampi (kleiner Ort weiter nördlich). An dieser Stelle ist der Mekong (Fluss) sehr breit (~ 2km) und deutlich tiefer als anderswo. Zusätzlich gibt viele kleine natürliche Inseln. Also gute Bedingungen und ein passender Lebensraum für die Delfine.
Learning: Irawadi-Defline leben zumeist in Süßwassergebieten (Flüsse, Seen, flache Küstengewässer, Mangrovengebiete). Die charakteristischen Merkmale unterscheiden sich (stark) vom klassischen Bild, welches die meisten Menschen beim Gedanken an Delfine im Kopf haben. Dazu gehören die kurze Schnauze, wulstige Stirn und sehr kleine Rückenflosse (Finne). Zudem springen Irawadi-Delfine anscheinend nur selten aus dem Wasser.
Vor vielen Jahren lebten in dieser Region noch relativ viele dieser wunderbaren Tiere. Im Laufe der Zeit ist die Population stark gesunken, inzwischen sind die seltenen Irawado-Delfine (weltweit) vom Aussterben bedroht. Daher ist der gesamte Flussabschnitt zwischen Stung Treng und Kratie inzwischen offizielles Schutzgebiet. Vor Ort setzten sich internationale Organisationen (u.a. WWF) für den aktiven Schutz der Tiere und Aufrechterhaltung des natürlichen Lebensraumes ein. Lange wurden die Delfine wegen ihres kostbaren Fettes gejagt, teilweise auch zum Verzehr. Heute ist das natürlich illegal. Dennoch sind die Delfine diversen Gefahren (menschlichen Verhaltens) ausgesetzt: z.B.: Wasserverschmutzung, Plastikteile oder Reste von Fischernetzen, Bootsverkehr (Motorboote), der Bau von Staudämmen oder anderen Flussregulierungsmaßnahmen.
In diesem Fall bringt Tourismus und die zunehmende Anzahl an Besuchern gleich mehrere Vorteile. Einerseits haben die Flussdelfine somit eine neue, wertvolle Bedeutung für die Einheimischen. Touristen generieren verschiedene zuverlässige Einnahmequellen (Unterkünfte, Tagestouren, Restaurants), was die Einheimischen motiviert sich für den Schutz der Delfine und Bewahrung ihres Lebensraums einzusetzen bzw. gegensätzliche, gefährdende Handlungen zu unterlassen. Andererseits steigt durch das wachsende Interesse von Touristen und internationale Aufmerksamkeit von Tierschutzorganisationen, in Kombination mit dem Trend des Ökotourismus und damit verbundenen Forderungen, die Regierung bzw. Kommune unter Handlungsdruck. Beispielsweise werden nun mehr Investitionen zum Schutz der Delfine gefördert und die Region erhält als offizielles Schutzgebiet mehr Beachtung.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wenn man sich die Delfine aus nächster Nähe ansehen möchte: (1) Motorboot-Safari oder (2) Kajaktour.
Kajaktour zu den Delfinen
Gemeinsam mit den vier weiteren Gästen im Pomelo Homestay haben wir eine Kajaktour zu den Delfinen gemacht. Nach einem schnellen Frühstück hat Vireak sich mit uns auf den Weg zu Fähre gemacht und zum Festland begleitet. Die Tour war so geplant, dass wir zuerst mit TukTuks ein gutes Stück flussaufwärts gefahren wurden, um von dort mit den Kajaks den Fluss wieder hinab zu paddeln – mit dem Delfinpool in Kampi als Highlight. Unser Guide Lucky hat uns zwischenzeitlich beim entspannteren Treiben mit der Strömung ein paar spannende Details zu den Delfinen und dem Leben der Einheimischen in Kratie erzählt. Ein herzlicher und sehr humorvoller Kerl!
Während die Motorboote den Delfinen im Safari-Stil hinterhergejagt und diese von einer zur anderen Seite getrieben haben, mussten wir uns aus eigener Kraft in gute Positionen paddeln, um mit ein bisschen Glück ganz nah an die Delfine heranzukommen. Das war gar nicht so einfach… Die Delfine waren natürlich viel schneller als wir. Zusätzlich können sie bis zu 10 Minuten unter Wasser bleiben ohne Luft holen zu müssen. Dementsprechend ist es schwer einzuschätzen wann und wo sie beim nächsten Mal auftauchen werden. Gut, dass wir Lucky dabei hatten! Wir sind mehrfach in den Genuss gekommen die wunderbaren, niedlichen Tiere für einen kurzen Augenblick aus dem Wasser schnellen zu sehen. Fotos machen hat sich jedoch als ziemliche Herausforderung erwiesen. Die Distanz war natürlich trotzdem immer mehrere Meter und Irawadi-Delfine springen im Gegensatz zu den bekannteren Delfin-Arten nicht, sondern strecken lediglich ihren Kopf für wenige Sekunden aus dem Wasser. Mit dem Wissen, dass wir den Delfinen (anders als die Motorboote) durch unsere Anwesenheit nicht schaden und uns die Glückmomente durch Körperkraft selbst erarbeitet haben, konnten wir den Moment doppelt genießen.









Johanna sagt: Coole Bilder
Das finden wir wohl auch😎
Hinweis: Es gibt inzwischen auch eine Galerie mit allen Fotos der gesamten Reise (Menü-Leiste). Falls jemand also nur Lust durch die Bilder zu stöbern und die bildlichen Eindrücke unserer Abenteuer wirken zu lassen, ist das nun möglich.
Es ist so schön und spannend eure Berichte zu lesen. Ein bisschen so, als sei man fast dabei gewesen oder zumindest über eure Schulter geschaut zu haben.
Was für viele so unterschiedliche Menschen, denen ihr begegnet, so verschiedene Themen, die euch berühren. Man fühlt geradezu, wie sich der Horizont erweitert.
Macht weiter so und schätzt weiter diese so unglaublich wertvolle Zeit und diese Erfahrungen.
Vielen Dank für die lieben Worte! Dann werden wir doch wohl genauso weitermachen 😉 Und so ein schöner Kommentar motiviert uns sehr unsere Erlebnisse auch weiterhin schriftlich festzuhalten und mit euch zu teilen, wenn vielleicht auch mit einigen Wochen Zeitverzögerung und nicht ganz in realtime…
Zufallsbegegnungen und -entdeckungen sind immer das Beste auf Reisen. Welch ein Glück!